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Eignung der Ersatzflächen für FFH-Wiesen

Vorschlag des Büros Pustal in der Artenschutzrechtlichen Prüfung zum B-Plan Bergäcker-Halden II
Verfasser: Achim Müller, Mai 2020


Ausgangslage
In der Artenschutzrechtlichen Prüfung des Büros Pustal vom 19.12.2019 ist auf Seite 34 ausgeführt: „Eingriffe in FFH-Flachlandwiesen der Wertstufe „A“ sind soweit möglich zu vermeiden. Zur Erzielung eines gleichwertigen Ausgleichs wird die Berücksichtigung einer langen Entwicklungszeit erforderlich. Nach der Untersuchung des Büros Pustal über Ersatzflächen wurden fünf Grundstücke mit einer Gesamtfläche von 11000 m² mit der Eignung „sehr gut“ und 23 Grundstücke mit einer Gesa
mtfläche von 43600 m² mit der Eignung „mittel“ bewertet.


Im folgenden wird der Ausgangszustand der mit „sehr gut“ bewerteten Grundstücke, Flst. Nrn. 1849/1, 1886, 1942, 1598 und 1428 dokumentiert und mit dem aktuellen Ausgangszustand der FFH-Wiesen verglichen. Daraus lässt sich der ungefähre Zeitraum für die Umsetzung der vorgeschlagenen Ausgleichsmaßnahme ableiten.


1. Ersatzflächen


Flst. 1942
Das kleine Grundstück beim Durchlass an der K 6720 weist in Randbereichen Befahrungsspuren von parkenden Autos auf. Die Vielfalt an Blühpflanzen nimmt von Süden nach Norden ab.
Vorherrschender Eindruck: Wiesen-Storchschnabel, Wiesenkerbel, Wiesen-Pippau, Scharfer Hahnenfuß, Zottiger Klappertopf, mäßige Diversität und Quantität an Blühpflanzen.
Dokumentierte Anzahl an Blühpflanzen: 25, davon 22 Wildblumen und 3 Gräser.

Bewertung: Fettwiese mit eingeschränkter Eignung, die geringe Fläche wird durch parkende Hundefreunde zusätzlich reduziert. FFH-Status „C“ erreichbar > 10 Jahre, „B“ > 20 Jahre, „A“ > 30 Jahre.


Flst. 1849/1
Das Grundstück liegt links des Weges in Richtung Oferdingen am Bogen der K 6720.
Vorherrschender Eindruck: Wiesen-Storchschnabel, Scharfer Hahnenfuß. Die Wiese wirkt sehr grün und wenig bunt mit ein paar ausgemagerten Inselchen, quantitativ sehr wenig Blühpflanzen. Die Anzahl der Blühpflanzenarten täuscht über den eher tristen Charakter der Wiese hinweg.
Dokumentierte Anzahl an Blühpflanzen: 26, davon 22 Wildblumen und 4 Gräser.
Bewertung: Eignung grundsätzlich gegeben, aber aufgrund der geringen Blühkraft nur langfristig umzusetzen.

FFH-Status „C“ erreichbar > 10 Jahre, „B“ > 20 Jahre, „A“ > 30 Jahre.


Flst. 1886
Das Grundstück liegt rechts des Weges Richtung Oferdingen am Bogen der K6720.
Vorherrschender Eindruck: Wiesenstorchschnabel, Scharfer Hahnenfuß, Margerite. Ein kleiner Bereich nahe der Straße (ca. 15% des Grundstücks) ist ausgemagert und niederwüchsig und weist schöne Bestände z.B. von Margeriten auf, der Rest der Wiese ist hochwüchsig und artenarm.
Dokumentierte Anzahl an Blühpflanzen: 28, davon 24 Wildblumen und 4 Gräser.
Bewertung: Ausgehend von dem ausgemagerten Bereich lässt sich eine FFH-Wiese entwickeln. Der weitaus größere Teil benötigt dagegen Zeit. FFH-Status „C“ erreichbar innerhalb von 10 Jahren, „B“ innerhalb von 20 Jahren, „A“ > 30 Jahre.


Flst. 1598
Das Grundstück liegt im Erlachgraben links des Weges in Richtung Orschel-Hagen.
Vorherrschender Eindruck: Scharfer Hahnenfuß, Wiesen-Storchschnabel. Sehr hochwüchsige und wenig ausgemagerte Wiese mit geringer Blühkraft. Die meisten Arten kommen entlang des Weges vor.
Dokumentierte Anzahl an Blühpflanzen: 20, davon 16 Wildblumen und 4 Gräser.
Bewertung: Der Ausgangszustand ist bezüglich der Diversität und Blühkraft unterentwickelt.
FFH-Status „C“ erreichbar > 10 Jahre, „B“ > 20 Jahre, „A“ > 30 Jahre.


Flst. 1428
Das Grundstück liegt am Hang unterhalb eines Hecken-Biotops „Im Bleicherlen“, direkt angrenzend an das Planungsgebiet mit der FFH-Wiese B/6.
Vorherrschender Eindruck: Scharfer Hahnenfuß, Wiesenkerbel, Wald-Storchschnabel, Wiesen-Pippau, Saat-Esparsette. Die Wiese wirkt bunt und ist schon relativ gut ausgemagert.
Dokumentierte Anzahl an Blühpflanzen: 23, davon 20 Wildblumen und 3 Gräser.
Bewertung: Trotz Beschattung durch das Heckenbiotop und Nordlage als Ausgleichsfläche gut geeignet.

FFH-Status „C“ erreichbar < 10 Jahre, „B“ < 20 Jahre, „A“ ca. 30 Jahre.


2. FFH-Mähwiesen (Bezeichnung der Sektoren I - V gemäß Aufteilung des Areals in der Artenschutzrechtlichen Prüfung/Pustal)


Sektor V (Flst. 1285-1290, 1429)
Die Wiesen liegen überwiegend südlich der Straße „Im Bleicherlen“ bis zur Abzweigung des Feldweges hinter der Gasdruck-Regelstation.
Vorherrschender Eindruck: Knollen-Hahnenfuß, Wiesen-Bocksbart, Wiesen-Pippau, Zottiger Klappertopf, Wiesensalbei. Bunte Blühwiesen, sehr gute Diversität im östlichen Randbereich, Ausmagerung nach Westen hin deutlich abnehmend. Dort offensichtliche Anzeichen von Überdüngung und anderen Bewirtschaftungsmängeln (z.B. Mulchen).
Dokumentierte Anzahl an Blühpflanzen: 36, davon 31 Wildblumen und 5 Gräser.
Bewertung: Vor allem im östlichen Bereich wird der Status „B“ gut erreicht.


Sektor III (Flst. 1222-1229/1)
Die Wiesen liegen links am Spitzäckerweg, beginnen am Weg zur Rosnetstraße, reichen in westlicher Richtung bis zum großen Schuppen und enden in südlicher Richtung an dem geschützten Heckenbiotop gegenüber des Friedhofs.
Vorherrschender Eindruck: Glatthafer, Zottiger Klappertopf, Wiesen-Bocksbart, Wiesensalbei, Wiesen-Pippau, Saat-Esparsette, Knollen-Hahnenfuß. Vor allem auf dem großen Flst. 1222 präsentiert sich eine überragende Vielfalt an Blühpflanzen. Die Richtung Friedhof gelegenen Wiesen sind dagegen sehr stark ausgemagert, niederwüchsig und auch weniger bunt (jedoch vorzügliches Schmetterlingsbiotop).
Dokumentierte Anzahl an Blühpfanzen: 42, davon 36 Wildblumen und 6 Gräser.
Bewertung: Die große Wiese auf Flst. 1222 stellt ein Kleinod dar und erreicht klar Status „A“.


Sektor IV (Flst. 1217-1221)
Die Wiesen liegen südlich entlang des Spitzäckerweges im Anschluß an die Bebauung.
Vorherrschender Eindruck: Glatthafer, Wiesen-Bocksbart, Wiesen-Pippau, Zottiger Klappertopf. Im östlichen und zentralen Bereich artenreicher, entlang des Weges hochwüchsiger. Deutliche Schäden durch teils exzessive Ausbringung von Gülle bei gleichzeitiger Düngung mit Festmist, z.B. im Herbst 2019.
Dokumentierte Anzahl an Blühpflanzen: 28, davon 32 Wildblumen und 5 Gräser.
Bewertung: Durch Überdüngung und Bewirtschaftungsmängel deutliche Verschlechterung seit der LUBW-Kartierung. Im Augenblick wird der Erhaltungszustand „B“ knapp erreicht. Im Rahmen eines geplanten Managementplans kann dieser mittelfristig gesichert werden, der aktuell kartierte Status „A“ jedoch vermutlich erst längerfristig.


Sektor II (Flst. 1181-1183, 1240-1244)
Die Wiesen schließen sich westlich an den Sektor A3 an und enden südlich an der Bebauung hinter dem Weg vom Friedhof Richtung Orschel-Hagen.
Vorherrschender Eindruck: Glatthafer, Dolden-Milchstern, Wiesen-Pippau, Zottiger Klappertopf, Scharfer Hahnenfuß. Im oberen Bereich besonders entlang der Böschung ausgemagert, im unteren Bereich Fettwiesen, Teile sichtbar überdüngt. Im Zentrum Nähe Nussbaum ein sehr artenreicher und kurzwüchsiger Bereich mit Wiesensalbei und Margeriten. Ein weiterer artenreicher Teilbereich befindet auf der anderen Seite des Weges nahe der Bebauung (u.a. mit Knäuel-Glockenblumen).
Dokumentierte Anzahl an Blühpflanzen: 36, davon 29 Wildblumen und 7 Gräser.
Bewertung: Durch Überdüngung und Bewirtschaftungsmängel in Teilen Verschlechterung innerhalb der letzten Jahre. Im Zentrum des Sektors wird Status „B“ erreicht, der kartierte Status „A“ wird aktuell verfehlt. Im Rahmen eines Management-Plans sollte der Status „A“ wiederhergestellt werden, was mittelfristig erreicht werden kann.


Sektor I
In diesem Sektor befinden sich keine FFH-Mähwiesen. Nicht als FFH-Wiese ausgewiesen, aber faktisch gleichzustellen.
Das Grundstück Flst. 1232 entlang der steilen, abknickenden Rosnetstraße oberhalb des Friedhofs blüht schöner und vielfältiger als manche Wiese mit FFH-Status.
Vorherrschender Eindruck: Glatthafer, Wiesensalbei, Wiesen-Pippau, Saat-Esparsette, Schafgarbe, gleichmäßig bunt.
Dokumentierte Anzahl an Blühpflanzen: 33, davon 28 Wildblumen und 5 Gräser. Bewertung: Die Wiese erreicht faktisch den FFH-Status „B“.


Fazit:
Die vertiefende Untersuchung des für die vorgeschlagenen Ausgleichsmaßnahmen notwendigen Zeitraumes ergab, dass die gemäß § 15
Bundesnaturschutzgesetz hierfür erforderliche „angemessene Frist“ nicht eingehalten werden kann. Im Sinne des Kohärenzausgleichs müssten die Ersatzflächen im Zeitpunkt des Eingriffs denselben Erhaltungszustand wie die dortigen FFH-Mähwiesen aufweisen.
Dieser wird aber wie dargestellt mehrheitlich in frühestens 20 Jahren (beim Status „B“) bzw. 30 Jahren (beim Status „A“) erreicht (Erfahrungswerte). Bei den vom Büro Pustal aufgeführten Ersatzflächen mit „mittlerer Eignung“ ist noch mit deutlich verlängerten Zeiträumen zu rechnen. Dabei weisen die untersuchten und vom Büro Pustal als “sehr gut geeignet“ befundenen Ersatzflächen zusammen nur 11000 m² auf gegenüber einer
ausgleichspflichtigen Fläche der FFH-Mähwiesen von 38000 m². Der Kohärenzausgleich sieht zudem für zusammenhängende FFH-Wiesen
auch adäquate zusammenhängende Ausgleichsflächen vor, was bei der Stückelung der potentiellen Ersatzflächen lt. Gutachten Pustal nicht
gewährleistet ist. Aufgrund der fehlenden Bebaubarkeit eines Großteils des Gebiets Bergäcker-Halden Ost/West innerhalb der Geltungsdauer des neuen Flächennutzungsplans ist es geboten, dieses nicht als Fläche für die Wohnbebauung auszuweisen.

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